KÜCHENGESPRÄCH MIT JULIA STELZNER, 36, JOURNALISTIN, BERLIN MITTE

Julia Stelzner! So ein cooler Homie! Wir kennen uns, weil sie das wunderbare Buch „Wie wir kochen“ geschrieben hat, in dem wir zwei Rezepte beisteuern durften! Schon das allererste Telefonat war herrlich! Dann nun ein Treffen für das Küchengespräch und die Liebe war entflammt. Selten trifft man Menschen, die saucool sind, sehr lustig, klug, empathisch, liebevoll, einen höchst feinen Geschmack haben, einen sehr netten Mann und EDDIE! Eddie, der geilste, riesigste, tollste Kater der Welt. Da Julia und ihr Mann Silvester nicht in Berlin verbracht haben, hat er prompt bei uns gefeiert! Apropos Winterzeit. Julia ist zwar lustig und auch herrlich bekloppt, aber dass ihr da Weihnachtsdeko auf den Fotos seht, ist nicht, weil Julia im Frühling Weihnachten feiert. Nein! Sondern, weil wir fürchterlich faule Kerle sind und das Interview erst jetzt veröffentlichen. Dazu muss man uns zugute halten, dass Fratze und Julia 97 Minuten gequatscht haben, sehr lustig homiemäßig. Aber das ist ne Menge, um das zu Papier zu bringen. So! Nun genug palavert. Lest, Menschenkinder und habt viel Vergnügen!

dukb:Woher kommst Du und was machst Du so in Deinem Leben?

Julia: Ich komme aus einer Kleinstadt in Franken, habe in Düsseldorf Geschichte, Politik und Politische Kommunikation studiert, ein halbes Jahr für meine Masterarbeit in New York gelebt, nebenbei aber immer schon für Zeitungen geschrieben, habe dann in einer Werbeagentur gearbeitet, aber gemerkt, dass das gar nicht mein Ding ist und mich dann dazu entschieden, als freie Journalistin zu arbeiten, bin nach Berlin gezogen und schreibe nun über alles, was in den Lifestyle-Bereich fällt. 

dukb: Seit wann kochst Du?

Julia: Ich habe angefangen, mich mehr für das Thema Essen zu interessieren und zu beschäftigen, als ich mit sechzehn Vegetarierin geworden bin. In der fränkischen Kleinstadt, in der ich aufgewachsen bin, gab es damals ein vegetarisches Vollwertrestaurant, in dem ich gearbeitet habe. Der Besitzer hat mir gezeigt, was man alles in der vegetarischen Küche machen kann. Zum Bsp. Seitan-Rotwein-Gulasch. Außerdem hatte ich 2 Jahre lang mit einer Freundin einen Supper Club in Berlin mit dem Namen „Tabula rasa“, also „reinen Tisch machen“, Untertitel: the greek vs. the green oder andersum. Also ich war die Grüne, so schön veggie-öko und meine Freundin ist Griechin und hat immer Fisch & Fleisch gekocht.

dukb: Und wo habt Ihr das gemacht?

Julia: Am Anfang zu Hause, dann bei Freunden im Büro, dann mal in einem Friseursalon, einfach immer da, wo Platz war. Am Anfang kamen Freunde, dann kamen Freunde von Freunden und dann kamen Fremde.

dukb: Und damit habt Ihr Geld verdient?

Julia: Ne. Wir haben null wirtschaftlich gedacht, haben viel zu viel eingekauft, von wegen. „Oh. Wir nehmen die Zucchiniblüten und Chichi obendrauf und alles BIO …“ … und am Ende haben wir immer nur etwa 150 Euro Gewinn gemacht. Davon haben wir dann 2/3 an die Arche gespendet und 1/3 behalten, also hatten wir dann zusammen nen Fuffi übrig. Als Freelancer. Meine Freundin wollte irgendwann nicht mehr verständlicherweise, weil doch 2-3 Tage komplett draufgehen, sie war die bessere Köchin und alleine wollte ich es nicht weitermachen.

dukb: Wie stehst Du zu veganer Ernährung?

Julia: Hmmm. Finde ich gut, wenn jemand so konsequent ist. Ich habe es nicht länger geschafft, als 3 Monate vegan zu leben. Ich esse einfach zu gerne Mal ein Stück Käse oder ein gutes Croissant. Ich kaufe alle tierischen Produkte in Demeterqualität. Wenn ich zu Hause koche, koche ich schon häufig tierproduktfrei, aber ich bin sehr oft in Südtirol, und wenn ich da auf den Bergen bin, muss es Käse geben. Und meine Schuhe & Handtaschen sind auch nicht vegan und wenn, dann sollte man schon richtig konsequent sein und nicht nur so ein Ernährungsfuzzi.

dukb: Wie stehst Du zu Chia, Macha, Superfood?

Julia: Ich glaube, ich setze es in gewissen Maßen ein, ernähre mich gerne gesund und ausgewogen. Morgens, wenn ich es mal schaffe mir so nen geilen Porridge zu machen, dann hau ich mir alles rein, Chia, Reisflocken etc. Die drei Monate, in denen ich vegan gelebt habe, hab ich das zur Vorbereitung für einen Halbmarathon gemacht und da hatte ich wirklich mehr Energie. Nach dem Marathon wollte ich aber sofort wieder Parmesan über die Pasta und ein Stück Camembert. Fazit: Ich wäre gerne gesünder, bin es aber nicht!

dukb: Du reist ja viel. Lässt Du Dich kulinarisch weltweit inspirieren?

Julia: Eine Küche, die für mich als Vegetarier die Tollste ist und das Reiseziel gleich mit ist Südtirol. Ich liebe Kohlenhydrate: tolles Brot, Brezeln, Pasta und Pizza. Bei meinem Mann und mir gibt es ein Ritual, wenn einer von uns schlecht drauf ist, gehen wir Pizza essen. Pizza geht immer und macht glücklich. Und das andere Reiseziel ist Kalifornien. Diese gesunde Fusionküche und wie kreativ dort mit gesundem Essen umgegangen wird, ist der Wahnsinn. Jedes Mal wenn ich da bin, denke ich: „Geil, was Du mit so vielen frischen, gesunden Zutaten kochen kannst.“ Das hast du in Deutschland nicht so richtig. Ich liebe raw food, aber auch Käseknödel.

dukb: Was ist Dein Lieblingskochbuch außer Deinem natürlich?

Julia: Das von Anna Jones. Sie war früher bei Jamie Oliver Köchin. Die Fotos sind wunderschön, alles ist vegetarisch, es ist sogar auf Apfelpapier gedruckt. Sehr ungewöhnliche, vegetarische Kombinationen. Oh. Mein Nagellack ist auch getrocknet in der Zwischenzeit.

dukb: Dein Nagellack?

Julia: Ja, deshalb laufe ich im Winter ja mit Adiletten rum. Ich war gerade bei der Pediküre, weil wir morgen im Tropical Island übernachten.

dukb: AHA?!?!?!DAS Prollo-Tropical-Island?

Julia: Ja. Wir haben Freunde, mit denen schenken wir uns gegenseitig nur lustige, unmögliche Geschenke und das war ihr Hochzeitsgeschenk an uns. Einmal haben wir ihnen eine Happy Hour-Cocktail-Kneipentour in den Prollo-Tourischuppen unter den Bögen bei den Hackeschen Höfen geschenkt …

dukb: Du wirst mir immer sympathischer. Nächste Frage: Wie kommst Du zu Deinen Rezepten?

Julia: Ich koche selten nach Rezepten. Wir kaufen einfach immer superviel Gemüse, manchmal noch Seitan, Tofu, aber eher Getreide. Und dann gibt es oft Resteessen. Darin bin ich, glaub ich, ganz gut. Das hab ich nicht zuletzt auch in der Notunterkunft gelernt.

dukb: Was machst Du da?

Julia: Ich koche mindestens einmal die Woche im Winter in der Kältehilfe der Berliner Stadtmission. Da koche ich auch meistens Resteessen. Da bekommst Du angekrabbeltes Gemüse oder Obst von Spenden und daraus müssen dann leckere Essen gekocht werden. Ich bin da echt gerne. Und ich hasse es, Nahrungsmittel wegzuschmeißen.

 

dukb: Liest Du viel auf Foodblogs?

Julia: Nicht so viel ehrlich gesagt. Ich schau mir oft Fotos an, auf Instagram, um inspiriert zu werden. Aber ich lese echt wenig Blogs. Ich hänge aber einfach auch nicht so viel im Internet ab. Also ich hänge schon Stunden davor ab, um den besten Flug, das beste Hotel oder das coolste Produkt zu finden. Perfekte Cappuccinotassen momentan, aber nur so rumsurfen eher selten. Ich bin ein Print-Produkt-Heini, deshalb habe ich auch so viele Kochbücher und schau da eher rein.

dukb: Hast Du Essensrituale?

Julia: Ich muss einen Kaffee getrunken haben und mir was reingehauen haben, sonst kann ich nicht aus dem Haus gehen.

dukb: Frühstückst Du immer das Gleiche?

Julia: Im Winter Porridge, Reis oder Hirseflocken, Leinsamen, Chiasamen, Zimtgedöns und im Sommer eine Scheibe Brot mit Butter & Marmelade. Ich würde am liebsten jeden Morgen einen Smoothie trinken oder Saft pressen. Ich gehe abends ins Bett und denke mir: „Morgen aber. Morgen früh gibt’s einen Smoothie, Du hast Dir das perfekte Obst & Gemüse eingekauft … morgen früh …“ Und dann schneide ich mir doch ne Scheibe Brot und schmier mir Marmelade drauf. Letztendlich wird dann ein Salat oder eine Gemüsepfanne aus dem Smoothiezeug. Und jeden Sonntag wird gekocht ab 19 Uhr, dann gibt’s Tatort und ne Flasche Wein. Auf dem Teppich vor unserem Fernseher, damit ich die Couch nicht so versaue. Wie so Freaks sitzen wir dann aufm Boden und schonen die Couch. Richtig tolles Essen. Seitan-Rotwein-Gulasch zum Beispiel.

dukb: Bis Du ein strukturierter Koch oder ne Sau?

Julia: Was zwischendrin. Ich bin nicht strukturiert und deshalb tu ich mir mit dem Backen extrem schwer. An Angaben halten, langweilt mich. Ich möchte immer gerne auch was ausprobieren und beim Backen geht das in die Hose. Ich gehe nicht strukturiert ran. Ordentlich ist es aber immer. Generell bin ich ordentlich.

dukb: Magst Du Alkohol?

Julia: Sehr!

dukb: Lieblingsalkohol?

Julia: Champagner oder Wodka Soda, da bekommt man keinen Kopf von. Mein Lieblingswodka ist ein local Sankt Petersburg Wodka, den gibt es hier im russischen Supermarkt. Russian Standard geht auch immer. Generell russischer Wodka ist meins. Und bei Champagner wurde ich von einem guten Freund versaut. Da trinke ich nun am liebsten Ruinart. Aperol Spritz ist das perfekte Getränk in Südtirol! Ich komme aus Bayern, ich bin kein Nipper und liebe es, schon am Tag Alkohol zu trinken. Das klingt jetzt ziemlich alkimäßig, oder?

dukb: Nöööööö!!!

Julia: Also ich habe auch immer wieder enthaltsame Phasen. Vielleicht schreibst Du das auch noch …

dukb: Was tust Du außer Kochen noch in der Küche?

Julia: Wenn ich von zu Hause aus arbeite, sitze ich hier im Schlafanzug mit dem Laptop. Viel geiler als Großraumbüro.

dukb: Bist Du auch so lange nicht angezogen am Tag?

Julia: Ja. Sehr lange. Erst wenn ich Termine habe.

dukb: Findest Du es auch so peinlich, wenn Postboten kommen?

Julia: Früher hab ich mich krank gestellt oder mich dafür erklärt, aber da bin ich etwas von weggekommen und inzwischen denke ich mir: man muss dazu stehen. Ich hab jetzt nen hübschen Kimono. Und wenn ich von zu Hause arbeite, verabrede ich mich zum Mittagessen, damit ich dann um 12.30 unter die Dusche komme. 

dukb: Kocht Dein Mann auch?

Julia: Er versucht es und würde gerne öfters kochen, aber ich bin so ein Klugscheißer und steh daneben und sag, dass er alles falsch macht. Er macht sehr leckere Lasagne.

dukb: Was machst Du, während Du kochst?

Julia: Musik hören und aufm Handy rumdaddeln und mich dann wundern, dass es nach dem Kochen so dreckig ist.

dukb: Was ist Dein Lieblingsrestaurant?

Julia: In Berlin das Cookies Cream abends: super, vegetarische Küche. Mittags gehe ich gerne zum Brunch ins Silent Green im Wedding. Das ist ein altes Krematorium in der Nähe vom Leopoldplatz. Da ist ein Kulturzentrum entstanden, Labels & Künstler haben dort ihre Büros und es gibt auch ein Restaurant, wo wir auch geheiratet haben. Der Koch ist sensationell mit vegetarischem Essen, der weiß das zu räuchern und es besteht aus mindestens 5 Komponenten. Pizza esse ich am liebsten im Il Stranero im Wedding.

dukb: Was hast Du immer im Kühlschrank/zu Hause?

Julia: Vollmilch, Hafermilch, immer ein Brot, volles Gemüsefach, vollen Obstkorb, ne Flasche Champagner oder Crémant, je nach Budget. Ketchup & Senf haben wir immer im Kühlschrank. Und diese Taco Wraps. Die sind einfach super, um Gemüse oder Käsereste zu verwerten. Und ich hab immer so Knack & Back-Zeug da. Falls mal spontan Besuch kommt oder man am Wochenende zu verkatert ist um rauszugehen. Und Cornichons und Nagellack.

dukb: Woher stammen Deine ganzen Küchenutensilien?

Julia: Geschirr viel von Villeroy & Boch, ein Set hab ich selbst gekauft und eins durch den Supper-Club gesponsert bekommen. Tassen hab ich mitgeschleppt von einer Pressereise in Perth, dann hab ich natürlich Tassen aus Palms Springs. Aber auch Geerbtes: Plätzchenformen und alte Kochbücher von Oma. Ich schau mich gerade mal um. Töpfe auch von Oma. Was ich überall kaufe, ist so Zeug, was man nicht braucht, zum Beispiel eine überteuerte pinke Tomatendose mit Eiertomaten drin, die man nie benutzt, weil man dann doch zu geizig ist. Oder hier diese wunderschönen Schokoladen. Ich kaufe eher Essen als Utensilien. Und Reinigungsmittel von Meyers. Wer nach Amerika fliegt, muss mir Meyers mitbringen.

dukb: Was ist Dein hässlichstes, oft gebrauchtes Küchenutensil?

Julia: Ahh, hier. Dieser wahnsinnig hässliche Grapefruitlöffel, der aber TOP ist in seiner Funktion. Ab und zu denke ich, ich muss mal ne Grapefruit essen … und was ich nie hergeben werde, ist mein uralter Sandwichtoaster.

dukb: Deine selbst gekochten Top 3 Gerichte?

Julia: Wild gemixte Salate von süß über herb bis pikant. Mein Ofengemüse ist ganz lecker mit einer tollen Marinade aus Olivenöl, Zitronenabrieb, dunkle Misopaste, Kreuzkümmel, schwarzer Sesam usw. Und das besagte Seitangulasch. Damit gewinnt man auch eingefleischte Fleischfresser.

dukb: Was ist Deine neu entdeckteste Zutat?

Julia: Räuchersalz oder geräuchertes Paprikapulver.

dukb: Was isst Du nicht gerne?

Julia: Sahne, Knoblauch, Fleisch, Fisch und Ziegenkäse.

dukb: Hast Du eine Ekelleidenschaft, für die Du dich schämst?

Julia: Cornflakes, Snickers, Nudeln mit Ketchup und Butter, Toast aus dem Sandwichmaker mit Cheddar, Röstzwiebeln, Gurke & Ketchup. Cheeseburger für Arme quasi.

dukb: Was wärst Du gerne, wenn Du ein alkoholisches Getränk wärst. Nicht, was Du magst, sondern was Du aufgrund Deiner Charaktereigenschaften wärst?

Julia: Ich glaub, ich wäre wahrscheinlich Bier oder Crémant. Für Champagner bin ich nicht schickimicki genug. Ich bin etwas, was nicht übertrieben teuer ist, nicht so posh, was man zu jeder Tageszeit trinken kann. Gut, jetzt wird’s absurd. Was wärst Du denn?

dukb: Hmm. Wodka. So was, was reinknallt. Gut und schlecht.

Julia: Ah ja. Das hatte ich mir auch überlegt. Crémant und Bier sind wohl eher Wunschdenken. Wahrscheinlich bin ich auch eher ein robuster Wodka.

dukb: Was bedeutet Essen für Dich?

Julia: Es macht mich glücklich, ich kann mit Essen meine Stimmung lenken, egal ob ich traurig oder müde bin. Ich denke sehr viel über Essen nach. Am Abend denke ich, was ich morgens früh esse und freue mich auf den Kaffee am nächsten Morgen!

dukb: Wo kaufst Du ein?

Julia: Vor allem bei Alnatura in der Chausseestraße. Früher bin ich viel auf den Markt gegangen, aber das ist zeitlich oft schwierig.

dukb: Zum Buch. Warum soll man das kaufen?

Julia: Man bekommt einen ganz guten Querschnitt der deutschsprachigen Bloglandschaft, sowohl in verschiedenen Stilen wie man kochen kann von supergesund bis recht bodenständig bis hin zu jemandem der Schokolade ohne Zucker macht. Man sieht, wie kreativ & neu Deutschland kocht, ohne dass man eine Kochausbildung braucht. Vielleicht bekommt man dadurch auch Lust, selbst mehr zu kochen. Es ist kein fäncyschmäncy Kochbuch von Anna Jones oder Jamie Oliver, sondern ganz normale Leute kochen sehr leckere Gerichte, die gut nachkochbar sind.

dukb: HERZLICHSTEN DANK, LIEBE JULIA. IT WAS A BLAST!

Veröffentlicht von

www.anna-koenig.de www.holgerwenzl.com

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